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Alma Mahler-Werfel

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Alma Mahler-Werfel (geborene Alma Margaretha Maria Schindler, * 31. August 1879 in Wien; † 11. Dezember 1964 in New York, N.Y.) war eine Persönlichkeit der Musik-, Kunst- und Literaturszene in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ihre große musikalische Begabung baute sie als Mädchen und Frau ihrer Zeit nicht professionell aus. Von ihrem kompositorischen Schaffen, das keineswegs unbedeutend war, ist das meiste bis heute verschollen geblieben. Die Ehefrau des Komponisten und Dirigenten Gustav Mahler, nach dessen Tod des Architekten Walter Gropius und danach des Dichters Franz Werfel hatte in ihrer Jugend persönlichen Umgang mit den Secessionisten, dem Maler Gustav Klimt und mit dem Komponisten (ihrem Kompositionslehrer) Alexander von Zemlinsky, und zeitweise war sie die Geliebte des Malers Oskar Kokoschka. Als Gastgeberin künstlerischer Salons versammelte sie in Wien, dann nach 1938 in Los Angeles und New York, Künstler und Prominente um sich. Sie wurde vielfach von Malern porträtiert und daneben, im Zeitstil, mit dem Klischee einer Femme fatale behaftet.
Alma Mahlers große Begabung war die Musik, die sie in ihrer Jugend am Klavier und komponierend intensiv ausübte. Obwohl die Musikwissenschaftlerin Susanne Rode-Breymann in den Tagebuch-Suiten fast fünfzig Klavierlieder nachweisen kann, komponiert zwischen 1898 und 1902, wurden bis heute davon nur siebzehn Lieder bekannt. Auch die weiteren darin aufscheinenden Kompositionen anderer Gattungen sind bis heute verschollen. Rode-Breymann beschreibt zwei entscheidende „Bruchlinien“ in der „Professionalisierung“ von Almas musikalischen Talenten. Zum einen wollte sie nach jahrelangem erfolgreichen Klavierunterricht bei Adele Radnitzky-Mandlick ihr Können bei dem renommierten Pianisten Julius Epstein vervollkommnen, was aber durch ihren Stiefvater Carl Moll verhindert wurde. Zum anderen musste sie ihr Komponieren aufgeben, um Gustav Mahler heiraten zu können. Es gibt Anzeichen dafür, dass sie in ihrer Ehe ihre Kompositions-Mappe immer von Wien aus in die Sommerfrische mitnahm und dass ihr Mann Gustav Mahler sie im Jahr 1910 dort entdeckte. Daraufhin „drang“ er sie, einige der Lieder zu veröffentlichen.
Zeit ihres Lebens begleitete Alma Mahler-Werfel bedeutende Künstler auf deren Lebensweg und war einer Reihe von europäischen und US-amerikanischen Kunstschaffenden in Freundschaft verbunden, darunter Leonard Bernstein, Benjamin Britten, Franz Theodor Csokor, Eugen d’Albert, Lion Feuchtwanger, Wilhelm Furtwängler, Gerhart Hauptmann, Hugo von Hofmannsthal, Max Reinhardt, Ernst Lubitsch, Carl Zuckmayer, Eugene Ormandy, Maurice Ravel, Otto Klemperer, Hans Pfitzner, Heinrich Mann, Thomas Mann, Alban Berg, Erich Maria Remarque, Friedrich Torberg, Franz Schreker, Bruno Walter, Richard Strauss, Igor Strawinsky, Arnold Schönberg und Erich Zeisl.
Der Maler und Präsident der Wiener Secession Gustav Klimt machte ihr den Hof, als sie erst 17 Jahre alt war. Mit dem Komponisten Alexander von Zemlinsky hatte sie eine Beziehung, die auf ihrer Bewunderung für den Komponisten und seiner Anerkennung ihrer Begabung basierte; bei ihm hatte sie, neben ihrem ersten Kompositionslehrer Josef Labor, ein Jahr lang Kompositionsunterricht. Noch Jahre später, am 11. Dezember 1910 in Wien, brachte er Almas 5 Lieder zur Uraufführung, gesungen von Thea Drill-Orridge mit ihm als Klavier-Begleiter.
1901 entschied Alma Schindler sich, den 19 Jahre älteren Komponisten und Wiener Operndirektor Gustav Mahler zu heiraten; mit ihm hatte sie dann zwei Töchter. Der letzte Eintrag in ihren Tagebuch-Suiten datiert vom 6. Januar 1902, zwei Monate vor dieser Hochzeit. Damit hörte diese unmittelbare Quelle für Alma Schindlers künstlerische Entwicklung auf.
Zu Lebzeiten Gustav Mahlers hatte sie eine Affäre mit dem Architekten und späteren Bauhaus-Gründer Walter Gropius, den sie nach Mahlers Tod und einer heftigen zwischenzeitlichen Liebesbeziehung mit dem Maler Oskar Kokoschka 1915 heiratete. 1916 wurde ihre gemeinsame Tochter Manon geboren. Nach der Scheidung von Gropius wurde sie 1929 die Ehefrau des Schriftstellers Franz Werfel, mit dem sie einen früh verstorbenen Sohn hatte und mit dem sie 1938 in die Vereinigten Staaten emigrierte. Ihr Leben nach der Hochzeit mit Mahler schilderte sie in der Autobiografie Mein Leben.
In der zahlreich erschienenen Literatur über Alma Mahler (wobei das Urteil über ihre Persönlichkeit sehr unterschiedlich ausfällt) wird einerseits nirgends auf die musikalische Kreativität der Protagonistin eingegangen; andererseits artet die Berichterstattung über biographische Einzelheiten „auf dem Abstieg bis zur sexualisierten Eindimensionalität“ aus. Rode-Breymann geht in ihren beiden Büchern über Alma auf deren persönliche Entwicklung unter den Bedingungen ihrer Zeit ein. U. a. wird anhand der von ihr mit herausgegebenen und ausgewerteten Tagebuch Suiten vieles, was in den folgenden Zitaten wie böswilliger Klatsch wirkt, relativiert. Die Schriftstellerin Gina Kaus erklärte: „Sie war der schlechteste Mensch, den ich gekannt habe“. Claire Goll schrieb: „Wer Alma Mahler zur Frau hat, muss sterben“. Und Almas Freundin Marietta Torberg meinte: „Sie war eine große Dame und gleichzeitig eine Kloake“.
Alma Mahler-Werfel stilisierte sich in ihrer 1960 erschienenen Selbstbiographie zur schöpferischen Muse, und einige ihrer Zeitgenossen teilten dieses Urteil: Klaus Mann verglich sie mit den intellektuellen Musen der deutschen Romantik und den „stolzen und brillanten Damen des französischen grand siècle“.
Susanne Rode-Breymann schreibt 2004 über sie:
„[…] ihre Begabung als kulturell Handelnde entfaltete sich bruchlos, und ihr inspirierender Einfluss auf die Musik- und Kulturgeschichte kann nicht hoch genug veranschlagt werden.“
Alma war die Tochter des Wiener Landschaftsmalers Emil Jakob Schindler und der zur Sängerin ausgebildeten Anna Sofie Schindler, geborene Bergen, die in Almas Jugendjahren in Haus- und in halb-öffentlichen Konzerten immer wieder Almas Lieder interpretierte. Zum Zeitpunkt der Hochzeit am 4. Februar 1879 war Anna Schindler bereits mit Alma schwanger. Die Ehe begann in sehr beengten Verhältnissen. Das Ehepaar musste sich seine Wohnung mit Schindlers Künstlerkollegen Julius Victor Berger teilen; nach Almas Geburt hatten dieser und Anna Schindler ein Verhältnis. Berger ist mit großer Wahrscheinlichkeit der Vater von Almas Schwester Margarethe Julie, die am 16. August 1880 zur Welt kam. Im Februar 1881 wurde Schindler mit einem Künstlerpreis ausgezeichnet, der die beengten finanziellen Verhältnisse der Familie beendete. Dem Preis folgte eine Reihe von Aufträgen und Bildverkäufen, sodass die Familie es sich erlauben konnte, das Landgut Schloss Plankenberg vor den Toren Wiens anzumieten. Die Familie zog im Frühjahr 1885 auf das Landgut um, zu dem neben dem aus zwölf Zimmern bestehenden Haus auch ein 1200 Hektar großer, verwahrloster Park gehörte. Durch einen Auftrag von Kronprinz Rudolf im Jahre 1887 war Schindler mittlerweile einer der bedeutendsten Künstler der k.u.k.-Monarchie geworden. Im selben Jahr wurde er zum Ehrenmitglied der Wiener Akademie der bildenden Künste, weitere Preise und Auszeichnungen folgten.
Almas Mutter hatte zwar die Liaison mit Berger beendet, nachdem Schindler diese entdeckt hatte. Es begann jedoch ein neues Verhältnis mit Carl Moll, einem Schüler und Assistenten ihres Mannes, das über mehrere Jahre bestand und das Schindler verborgen blieb. Almas Biograf Oliver Hilmes sieht in diesem von Heimlichkeiten und Verleugnung geprägten Familienleben die Ursache für die psychische Disposition der beiden Schindler-Töchter. Auch das besonders enge Verhältnis von Schindler zu seiner älteren Tochter sieht Hilmes hierin begründet. Alma leistete ihrem Vater über Stunden im Atelier Gesellschaft. Schindler förderte neben ihrem Bewusstsein für die Kunst insbesondere ihre musikalische Begabung, schaffte ein Klavier an und weckte darüber hinaus ihr Interesse für Literatur. Eine formale Erziehung erhielten beide Töchter jedoch nicht. Im Winterhalbjahr besuchten sie in Wien die Schule, während des Sommers erteilte die Mutter oder ein Hauslehrer den Töchtern Unterricht.
Schindler starb am 9. August 1892 an den Folgen einer verschleppten Blinddarmentzündung. Alma war zu diesem Zeitpunkt nicht ganz 13 Jahre alt und sie litt lange schwer an diesem Verlust. Rode-Breymann hat das liebevolle Vater-Tochter-Verhältnis und den Verlust differenziert nachvollzogen. Das Verhältnis zwischen Carl Moll und Anna Sofie Schindler bestand auch die nächsten Jahre heimlich fort. Sie heirateten erst am 3. November 1895. Alma empfand die Heirat als Verrat an ihrem verstorbenen Vater. Auch auf die Geburt ihrer Halbschwester Maria am 9. August 1899 reagierte sie mit starker Ablehnung – sie fühlte sich von ihrer Familie vernachlässigt.
Carl Moll gehörte der Wiener Secession an, deren Mitbegründer und Vizepräsident er war. Viele Wiener Künstler verkehrten daher im Hause des Ehepaars Moll. Zu den Gästen der Familie zählten Schriftsteller, Maler und Architekten wie Gustav Klimt, Joseph Maria Olbrich, Josef Hoffmann, Wilhelm List und Koloman Moser, sowie Max Burckhard, Direktor des Wiener Hofburgtheaters. Alma lernte die meisten von ihnen durch Diskussionen, an denen sie teilhatte, gut kennen, weil sie zumindest an den Abendessen mit diesen berühmten Wienern teilnehmen durfte. Max Burckhard sandte ihr unter anderem Theaterkarten zu, besprach mit ihr einzelne Aufführungen und förderte wie früher ihr Vater ihr Interesse an der Literatur. Almas Mutter war eine begabt gute Gastgeberin für einen „Ort des Ideenaustausches“, so bahnte sich in ihrem Haus „der gegenseitigen künstlerischen Inspiration“ die Wiener Secession an, die im April 1897 mit dem Präsidenten Gustav Klimt gegründet wurde. Alma hatte Teil an diesen Diskussionen; Gustav Klimt war derjenige, der besonderes Gefallen an der damals Siebzehnjährigen fand und sich künstlerisch mit ihr austauschte. Wenn auch ihr Stiefvater und ihre Mutter sich bemühten, eine Beziehung zwischen den beiden zu verhindern, hielt das Interesse Klimts an ihr über mehrere Monate an. Als während einer gemeinsamen Reise der Familie nach Norditalien, an der auch Klimt teilnahm, Klimt sie küsste und ihr Stiefvater davon erfuhr, zwang er seinen Freund und Künstlerkollegen zur Abreise. Klimt, der für seinen freizügigen Lebenswandel bekannt war und zum Zeitpunkt seines Todes Vater von mindestens vierzehn unehelichen Kindern war, versprach Moll, sich in Zukunft von Alma fernzuhalten. Sie habe ihm gefallen, „wie uns Malern eben ein schönes Kind gefällt“.
Während Alma Schindlers Schulausbildung offenbar unsystematisch verlief, erhielt sie eine gründliche musikalische Ausbildung. Seit 1895 hatte sie Kompositionsunterricht bei dem blinden Wiener Organisten und Komponisten Josef Labor. Adele Radnitzky-Mandlick, von Alma „gleich auf den ersten Seiten“ ihrer Tagebuchaufzeichnungen 1898 vertraulich „Frau Adele“ genannt, war Schülerin des anerkannten Wiener Pianisten und Pädagogen Julius Epstein am Wiener Konservatorium gewesen und unterrichtete Alma viele Jahre in Klavier. Alma Schindler erarbeitete sich mit ihr ein umfangreiches und bemerkenswertes Repertoire, das sie regelmäßig in Wien „in der Sphäre öffentlicher Privatheit“ oder überhaupt öffentlich vortrug. Zu ihrem Unterrichts-Programm gehörte z. B. das Es-Dur Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven. Besonders vertraut wurde sie mit der Musik Richard Wagners, für den sie schwärmte, und mit dessen Feuerzauber aus der Oper Die Walküre und Liebestod aus Tristan und Isolde (u. A.) sie sich Lorbeeren errang. Bekannt war auch ihr perfektes Vom-Blatt-Spiel (das sie später mit Gustav Mahler exerzierte). Als sie aber den Wunsch äußerte, selbst bei Julius Epstein Unterricht zu bekommen, verhinderte ihr Stiefvater Carl Moll dies.
Ab 1900 nahm Alma Schindler neben dem Unterricht bei Josef Labor Kompositionsunterricht bei Alexander von Zemlinsky. Der damals 29-Jährige war gerade Kapellmeister am Wiener Carltheater geworden und galt als eine der großen Hoffnungen der Wiener Musikszene. Nur ein Jahr lang dauerte dieser intensive Unterricht, von dem Zemlinsky selbst schreibt, er „habe direkt Lehrerehrgeiz bekommen“ und (am 25. August 1901) er bilde sich ein, dass Alma „in den verflossenen zwei Monaten eine Menge gelernt habe“. In der Literatur jedoch fand das folgende Zitat aus seinem Mund bisher eine größere Leserschaft:
„Entweder Sie componieren oder Sie gehen in Gesellschaften – eines von beiden. Wählen Sie aber lieber das, was Ihnen näher liegt – gehen Sie in Gesellschaften.“
Obwohl sie ihn später als „kleinen, hässlichen Gnom“ beschrieb, überwog bei Alma die Bewunderung für seine Genialität: „Oh – ein herrlicher Kerl und anregend über die Maßen.“ Differenziert und ausführlich gibt Rode-Breymann Einblick in Zemlinskys Kompositionsunterricht anhand dessen eigenhändiger Unterweisungen an Alma, die in der Mahler-Werfel Collection in Philadelphia aufbewahrt sind.
Die Familie und die Freunde der Familie fanden eine Liaison mit dem aus einer jüdischen Familie stammenden Zemlinsky eher unpassend und versuchten, sie ihr auszureden. Alma selbst erlebte ein Wechselbad von Gefühlen. Pathetische Liebesbekundungen und teils bizarre Tagebucheintragungen (Alex – mein Alex. Dein Weihebecken will ich sein. Gieß deinen Überfluß in mich, Tagebuch vom 24. September 1901) wechselten mit Demütigungen und Quälereien gegenüber Zemlinsky, der sich zum damaligen Zeitpunkt noch am Anfang seiner Karriere befand.
Schon bei Labor hatte sie außer Liedern weitere musikalische Formen, nämlich rund 20 Klavierkompositionen sowie zwei Violinsonaten, geschaffen. Unter Zemlinsky wagte sie sich an Chorkompositionen und einen Text Goethes für 3 Solisten und Chor, danach nahm sie sogar eine Oper in den Blick. Dass die Lieder (in anderer Literatur ist insgesamt von rund hundert die Rede) nur eine winzige Spitze des Eisberges aller Kompositionen von Alma Mahler-Werfel seien, nimmt Susanne Rode-Breymann an, aber am wenigsten weiß man über solche, die sie wahrscheinlich doch noch (trotz „Komponierverbot“) als Ehefrau Mahlers schuf.
Die Textautoren ihrer Lieder, in der Reihenfolge der Drucke, sind
Bei einer Abendgesellschaft von Bertha Zuckerkandl am 7. November 1901 begegnete Alma Schindler dem Komponisten, gefeierten Dirigenten und Direktor der Wiener Hofoper Gustav Mahler. Mahler verliebte sich offenbar an diesem Abend in die sehr selbstsichere junge Frau. Bereits am 28. November machte er ihr einen Heiratsantrag, wies allerdings auch darauf hin, dass es nicht einfach sein würde, mit ihm verheiratet zu sein. Alma Schindlers Familie versuchte, ihr auch diese Verbindung auszureden. Der neunzehn Jahre ältere Mahler sei zu alt für sie, er sei verarmt und unheilbar krank, hielt ihr unter anderem ihr Stiefvater Carl Moll vor. Klimt und Burckhard wiesen auf die jüdische Abstammung des zum Katholizismus übergetretenen Mahler hin. Anders als bei Zemlinsky, mit dem sie bis dahin liiert war, störte sie diese hier jedoch nicht.
Die Aussprache mit Zemlinsky schob Alma allerdings vor sich her. Erst am 12. Dezember schrieb sie an ihn, dass eine andere Liebe ihn verdrängt habe. Zur selben Zeit schickte ihr Mahler, der anlässlich der Aufführung seiner 4. Sinfonie in Berlin weilte, zärtliche Liebesbriefe. Seine Musik war ihr unverständlich:
„Er hält von meiner Kunst gar nichts – von seiner viel – und ich halte von seiner Kunst gar nichts und von meiner viel. So ist es! Nun spricht er [Mahler] fortwährend von dem Behüten seiner Kunst. Das kann ich nicht. Bei Zemlinsky wärs gegangen, denn dessen Kunst empfinde ich mit – das ist ein genialer Kerl.“
Auch Mahler äußerte in den Briefen an seine Schwester Justine Zweifel, ob es richtig sei, eine so junge Frau an sich zu binden. Aus Dresden schrieb er seiner Braut einen zwanzigseitigen Brief, in dem er ihr darlegte, wie er sich ihr zukünftiges gemeinsames Leben vorstellte.
„Wie stellst du dir so ein componierendes Ehepaar vor? Hast du eine Ahnung, wie lächerlich und später herabziehend vor uns selbst, so ein eigenthümliches Rivalitätsverhältnis werden muß? Wie ist es, wenn du gerade in ‚Stimmung‘ bist, und aber für mich das Haus, oder was ich gerade brauche, besorgen, wenn Du mir, wie Du schreibst, die Kleinigkeiten des Lebens abnehmen sollst? … Aber dass Du so werden mußt, wie ich es brauche, wenn wir glücklich werden sollen, mein Eheweib und nicht mein College – das ist sicher! Bedeutet dies für Dich einen Abbruch Deines Lebens und glaubst Du auf einen Dir unentbehrlichen Höhpunkt des Seins verzichten zu müssen, wenn Du Deine Musik ganz aufgibst, um die Meine zu besitzen, und auch zu sein?“
Er machte ihr auch deutlich, dass jetzt noch die Möglichkeit zur Umkehr bestehe, wenn sie sich das nicht zumuten könnte. Alma Schindlers damalige Reaktionen auf den Brief lassen sich nicht mehr rekonstruieren. Am 23. Dezember verlobten sie sich. Am 9. März 1902 heirateten sie in der Wiener Karlskirche. Es war eine kleine Hochzeit, weil Mahler jeglichen gesellschaftlichen Aufwand vermeiden wollte. Anwesend waren außer dem Hochzeitspaar nur der zweite Mann von Almas Mutter Carl Moll und Arnold Rosé, der Schwager von Mahler, die als Trauzeugen fungierten.
Sowohl Mahlers Freunde als auch viele aus dem weiteren Bekanntenkreis reagierten verständnislos auf diese Eheschließung. Bruno Walter, der damals Kapellmeister an der Wiener Hofoper war, schrieb in einem Brief an seine Eltern:
„Er [Mahler] ist 41 und sie 22, sie eine gefeierte Schönheit, gewöhnt an ein glänzendes gesellschaftliches Leben, er so weltfern und einsamkeitsliebend; und so könnte man noch eine Menge von Bedenken anführen …“
Sie selbst bezeichnete in ihren Erinnerungen ihre finanzielle Situation zu Beginn ihrer Ehe als beengt; sie habe einen Schuldenberg von 50.000 Kronen vorgefunden. Angesichts von Mahlers Jahresgehalt an der Wiener Hofoper von 26.000 Kronen (etwa 104.000 Euro Gegenwert im Jahre 2004), zu dem noch die Einnahmen aus Gastdirigaten und Tantiemen aus dem Verkauf seiner Werke hinzukamen, ist diese finanziell angespannte Situation schwer nachzuvollziehen. Zum Haushalt des Ehepaares gehörten unter anderem zwei Dienstmädchen und eine englische Gouvernante für die am 3. November 1902 geborene Tochter Maria Anna († 11. Juli 1907; verstorben an Scharlach und Diphtherie). Für 1905 ist belegt, dass ihr Mahler ein monatliches Haushaltsgeld von 1000 Kronen (etwa 4000 Euro Gegenwert im Jahre 2004) zur Verfügung stellte. Oliver Hilmes stellt in seiner Biografie deswegen die These auf, dass die angespannte finanzielle Lage zur Legendenbildung gehört, mit der Alma Mahler-Werfel gegenüber der Nachwelt begründen wollte, warum sie ihren Ehemann so häufig nicht auf seinen Konzertreisen begleitete.
Das Zusammenleben mit Mahler verlief anders, als sie es von dem abwechslungsreichen und geselligen Leben in ihrem Elternhaus gewohnt war. Mahler mied Gesellschaften und legte großen Wert auf einen sehr geregelten Tagesablauf, um sein großes Arbeitspensum zu bewältigen. Aus ihren Tagebucheinträgen wird deutlich, dass Alma Mahler sich in diesem Eheleben vereinsamt fühlte, sich langweilte und zur Haushälterin degradiert sah. Das Gefühl der inneren Leere änderte sich auch nicht mit der Geburt der zweiten Tochter Anna Justina, die am 15. Juni 1904 zur Welt kam. Mit Wissen und Billigung von Gustav Mahler hatte Alma sich zumindest regelmäßig im Frühjahr 1904 mit Zemlinsky getroffen, um mit ihm gemeinsam zu musizieren. Allerdings hielt diese Zusammenarbeit nicht lange an. Im Frühjahr 1906 schrieb Zemlinsky ihr, wie sehr er das Musizieren mit ihr vermisse. Abgelehnt hatte er jedoch, ihr wieder Unterricht zu geben.
Mahler vermisste in seiner Frau die Gefährtin, die mit ihm sein Leben teilte. Der Bruch mit ihr verstärkte sich, als sie sich auf einen heftigeren Flirt mit seinem Kollegen Hans Pfitzner einließ.
Am Morgen des 12. Juli 1907 starb die älteste Tochter der Mahlers nach einem sehr heftigen Krankheitsverlauf an Diphtherie. Der Tod der kleinen Maria, der zeitlich mit einer Herzfehlerdiagnose bei Mahler zusammentraf, bedeutete in Mahlers Leben eine Zäsur und verstärkte außerdem den Bruch zwischen den Eheleuten. Um über den Tod ihrer Tochter hinwegzukommen, begab Alma Mahler sich zur Kur, während Mahler in Helsinki und Sankt Petersburg auf Konzertreise war.
Seit Januar 1907 war Mahler in der Wiener Presse wiederholt heftig wegen seines Führungsstils als Leiter der Wiener Hofoper angegriffen worden. Dies führte zu einem Rückzug aus dem Wiener Musikleben und zu einer verstärkten Tätigkeit in den Vereinigten Staaten. Im Dezember 1907 begann für Mahler ein Engagement am Manhattan Opera House, und Alma begleitete ihn bei dem viermonatigen Aufenthalt nach New York. Während Mahler mit der Aufführung von Richard Wagners Tristan und Isolde seinen ersten großen Erfolg in New York feierte, fühlte sie sich einsam und isoliert. Erst am Ende des Aufenthalts lernten sie Joseph Fraenkel kennen, der für sie beide zum engen Freund wurde. Die Freundschaft festigte sich während des zweiten Aufenthalts in New York, der von November 1908 bis April 1909 währte. In den sechs Monaten, die das Ehepaar in Europa verbrachte, befand sich Alma Mahler meistens in Kur und lebte von ihrem Mann getrennt. Aus den Briefen Gustav Mahlers kann man schließen, dass Alma in dieser Zeit mindestens eine Fehlgeburt erlitt oder eine Abtreibung vornehmen ließ. Nach dem dritten Aufenthalt in New York, der von November 1909 bis April 1910 währte, begab sie sich mit ihrer fünfjährigen Tochter und deren Gouvernante nach Tobelbad, einem kleinen, in Mode gekommenen Kurort in der Steiermark, den der Wiener Erfinder und Unternehmer Gustav Robert Paalen gekauft, restauriert und salonfähig gemacht hatte. Auch Walter Gropius, zu dem Zeitpunkt noch ein weitgehend unbekannter Architekt, befand sich dort zur Kur und wurde Alma von Paalen vorgestellt. Im Juni 1910 begann sie mit ihm eine Affäre, hinter die Mahler bereits wenige Wochen später kam, als ihm ein Liebesbrief von Gropius in die Hände fiel. Gropius hatte den Brief an Gustav Mahler adressiert – aus Versehen, wie er später gegenüber dem Mahler-Forscher Henry-Louis de La Grange formulierte.
Als die Ehe nach der Begegnung mit Walter Gropius in eine Krise stürzte, wurde Mahler empfohlen, Sigmund Freud aufzusuchen, der ihn im August 1910 im niederländischen Kurbad Leyden für vier Stunden empfing. Gegenüber seiner Schülerin Marie Bonaparte äußerte sich Freud zu seiner Diagnose:
„Mahlers Frau Alma liebte ihren Vater Rudolf Schindler und konnte nur diesen Typus suchen und lieben. Mahlers Alter, das er so fürchtete, war gerade das, was ihn seiner Frau so anziehend machte. Mahler liebte seine Mutter und hat in jeder Frau deren Typus gesucht. Seine Mutter war vergrämt und leidend, und dies wollte er unbewusst auch von seiner Frau Alma.“
Mahler begann sich nun intensiv um die Zuneigung seiner Frau zu bemühen. Er widmete ihr seine 8. Sinfonie, die in dieser Zeit in München zur Uraufführung kam und sein größter musikalischer Triumph wurde. Fünf der von ihr komponierten Lieder ließ er noch im selben Jahr drucken und in Wien und in New York uraufführen. Kurz vor der erneuten Reise nach New York reiste Alma jedoch nach Paris, um sich dort noch einmal mit Gropius zu treffen, bevor sie ihren Mann für mehrere Monate in die Vereinigten Staaten begleiten würde. Auch aus New York versicherte sie Gropius brieflich immer wieder, wie sehr sie ihn liebe. Darin fand sie bei ihrer Mutter Anna Moll Unterstützung, die an Gropius warmherzige Briefe schrieb, ihn um Verständnis bat, dass Alma Gustav Mahler jetzt nicht verlassen könne, und darauf hinwies, dass sowohl Alma als auch Gropius noch jung seien und warten könnten. Inwieweit bei der Familie von Alma Mahler angesichts des festgestellten Herzfehlers die Erwartung bestand, dass Mahler nicht mehr lange zu leben habe, ist heute nicht mehr zu rekonstruieren.
Mahler erkrankte auf der letzten USA-Reise schwer. Am 21. Februar 1911 dirigierte er trotz Fiebers ein langes und anstrengendes Konzert mit Werken von Leone Sinigaglia, Felix Mendelssohn Bartholdy, Giuseppe Martucci, Marco Bossi und Ferruccio Busoni. Als sich sein Zustand auch in den nächsten Tagen nicht besserte, stellten die Ärzte eine langsam fortschreitende Herzinnenhautentzündung fest. Für diese gab es Anfang des 20. Jahrhunderts kaum Behandlungsmöglichkeiten. Um Spezialisten vom Pariser Institut Pasteur konsultieren zu können, reiste Alma Mahler gemeinsam mit ihrem Mann zurück nach Europa. Auch die französischen Ärzte konnten allerdings nur die Diagnose der amerikanischen Kollegen bestätigen. Ein aus Wien hinzugezogener Arzt empfahl Alma, ihren Mann noch nach Wien zurückzubringen. Am Abend des 12. Mai erreichte man Wien. Wenige Tage später, am 18. Mai 1911, erlag Gustav Mahler seiner Krankheit.
Obwohl nach dem Tod von Mahler nichts mehr dagegen gesprochen hätte, ihre Beziehung zu Gropius fortzusetzen und zu intensivieren, brach Alma Mahler die Beziehung zu Gropius ab. In seinen Briefen an sie hatte Walter Gropius sich schockiert darüber geäußert, dass es trotz der Treueschwüre ihm gegenüber zwischen Alma und Gustav Mahler kurz vor dessen Tode noch zu Geschlechtsverkehr gekommen war. Einem möglichen Wiedersehen im September 1911 ging er aus dem Weg. Bei einem Treffen im Dezember desselben Jahres kam es zu Spannungen zwischen den beiden, die ihre Beziehung noch weiter abkühlen ließen.
In Wien wurde Alma, dank der Witwenpension und des Erbes Mahlers eine wohlhabende Frau mit beträchtlichem Vermögen, heftig umworben. Im Herbst 1911 hatte sie ein kurzes Verhältnis mit dem Komponisten Franz Schreker. Auch Joseph Fraenkel, der in New York mit dem Ehepaar Mahler befreundet war, kam nach Wien und hielt um Almas Hand an. In ihrem Tagebuch bezeichnete sie ihn als armes, krankes, ältliches Männlein, das nur mit seiner schweren Darmkrankheit beschäftigt sei. Sie lehnte den Heiratsantrag ab. Mehr Aufmerksamkeit brachte sie dem Biologen Paul Kammerer entgegen, der Mahler sehr verehrt hatte und der es Alma Mahler zuschrieb, dass Gustav Mahler als Komponist so erfolgreich war. Er bot der in keiner Weise dafür ausgebildeten Alma Mahler eine Stellung als Assistentin in seinem Institut an. Nach ihren eigenen Angaben arbeitete sie tatsächlich für mehrere Monate an seinen Experimenten an Gottesanbeterinnen und Geburtshelferkröten mit. Die Verehrung, die der verheiratete Kammerer ihr entgegenbrachte, nahm allerdings immer exzentrischere Formen an. Kammerer drohte unter anderem, sich am Grabe Mahlers zu erschießen, wenn sie seine Liebe nicht erwidere. Im Frühjahr 1912 beendete sie ihre Mitarbeit im Institut.
Bei Almas Halbschwester Margarethe Julie – von Alma zu dieser Zeit noch als Tochter ihres Vaters Emil Jakob Schindler angesehen – wurde zur selben Zeit Dementia praecox diagnostiziert. Anna Moll redete ihrer Tochter ein, die Diphtherieerkrankung des Vaters sei die Ursache von Margarethe Julies Geisteskrankheit. Dies löste bei Alma Mahler über Jahre die Sorge aus, ebenfalls geisteskrank zu werden. Erst 1925 entdeckte sie, dass Julius Victor Berger der Vater von Margarethe Julie war. In Alma Mahlers Tagebüchern wird die erst 1942 in einem Sanatorium gestorbene Halbschwester danach nicht mehr erwähnt.
Almas Stiefvater Carl Moll gehörte zu den Förderern des expressionistischen Malers Oskar Kokoschka. Er beauftragte ihn unter anderem, ein Porträt seiner Stieftochter anzufertigen. Noch während des Abendessens am 12. April 1912, bei dem Carl Moll ihm Alma Mahler vorstellte, verliebte sich Kokoschka in die Witwe:
„Wie schön sie war, wie verführerisch hinter ihrem Trauerschleier! Ich war verzaubert von ihr! Und ich hatte den Eindruck, dass ich ihr auch nicht ganz einerlei war. Nach dem Abendessen hat sie mich sogar beim Arm genommen und mich in ein Nebenzimmer gezogen, wo sie sich hinsetzte und mir den ‚Liebestod‘ vorspielte.“
Bereits zwei Tage später sandte Kokoschka ihr den ersten Liebesbrief, dem noch vierhundert weitere folgen sollten. Die Affäre zwischen den beiden war sehr stark von der Eifersucht Kokoschkas geprägt.
Alma Mahler bezeichnete die Beziehung im Rückblick als dreijährigen Liebeskampf: „Niemals zuvor habe ich so viel Krampf, so viel Hölle, so viel Paradies gekostet.“ Die Eifersucht Kokoschkas galt nicht nur den Männern, denen sie begegnete, sondern auch dem verstorbenen Gustav Mahler. In den Briefen, die Kokoschka Alma schrieb, während sie sich im Mai 1912 in Scheveningen aufhielt, beschwor er sie, all ihr Denken nur auf ihn zu richten. Wenn sie in Wien war, wachte er gelegentlich vor ihrer Wohnung, um sicherzustellen, dass sie keine männlichen Besucher empfing. Nach ihrer zweiten Reise nach Scheveningen im Sommer 1912 verlangte er von ihr, sich gesellschaftlich völlig zurückzuziehen und einzig für ihn da zu sein.
Ähnlich wie bei Mahler zuvor waren Kokoschkas Freunde von der Beziehung mit Alma wenig angetan. Adolf Loos, der zum engen Freundeskreis Kokoschkas zählte, warnte ihn wiederholt vor ihrem schlechten Einfluss. Auch Kokoschkas Mutter war entschieden gegen die Verbindung. Kokoschka dagegen unternahm Anstrengungen, Alma Mahler zu einer Eheschließung zu überreden. Alma Mahler war vermutlich bereits im Juli 1912 von Kokoschka schwanger. Im Oktober ließ sie jedoch das Kind abtreiben. Den Schmerz, den Alma ihm mit der Abtreibung des gemeinsamen Kindes zufügte, verarbeitete er 1913 in den beiden Studien Alma Mahler mit Kind und Tod und Alma Mahler spinnt mit Kokoschkas Gedärmen, die in der Sammlung Essl in Klosterneuburg zu sehen waren.
Mit Walter Gropius stand Alma nach wie vor in Briefkontakt. Über ihr Verhältnis mit Kokoschka hatte sie ihn jedoch im Unklaren gelassen. Gropius sah jedoch 1913 Kokoschkas Gemälde Doppelbildnis Oskar Kokoschka und Alma Mahler, das 1913 auf der 26. Ausstellung der Berliner Secession zu sehen war (heute Museum Folkwang, Essen). Alma ist auf diesem Gemälde in einem roten Schlafanzug dargestellt und reicht Oskar Kokoschka die Hände wie zu einem Verlöbnis. Der Briefkontakt mit Gropius kam daraufhin im Laufe des Jahres 1913 vollständig zum Erliegen.
Auch mit Kokoschka wurde das Verhältnis immer kühler. Den wiederholten Versuchen Kokoschkas, sie zur Heirat zu bewegen, entzog Alma sich regelmäßig durch lange Reisen in Begleitung von Lilly Lieser, einer ihrer wenigen weiblichen Freunde. Kokoschka schuf jedoch noch gegen Ende 1913 und zu Anfang 1914 ein vier Meter breites Fresko, das den Kamin in ihrem großzügig angelegten Sommerhaus in der kleinen österreichischen Gemeinde Breitenstein im Semmeringgebiet schmückte. Wie in einigen Gemälden zuvor machte Kokoschka seine Beziehung zu Alma zum Thema des Freskos. Gleichzeitig kühlte sich die Beziehung zwischen ihnen immer mehr ab. Kokoschka warf Alma in seinen Briefen Oberflächlichkeit und innere Leere vor.
„Almi, man kann nicht nach Belieben einmal töricht und einmal weise sein. Man verliert sonst beide Glücksmöglichkeiten. Und Du wirst eine Sphinx, die nicht leben noch sterben kann, aber den Mann umbringt, der sie liebt und der zu moralisch ist, diese Liebe zurückzunehmen oder zu betrügen für sein Wohl“
Alma hielt im Mai desselben Jahres in ihrem Tagebuch fest, dass die Beziehung mit Kokoschka aus ihrer Sicht beendet sei. Zu den Männern, mit denen sie während der nächsten Monate engere Beziehungen hatte, zählten der Großindustrielle Carl Reininghaus und der Komponist Hans Pfitzner. Zu einem wirklichen Ende der Beziehung mit Kokoschka kam es jedoch erst im ersten Kriegsjahr des Ersten Weltkrieges. Oskar Kokoschka meldete sich freiwillig und wurde durch Vermittlung seines Freundes Adolf Loos im Dragonerregiment Nr. 15, dem vornehmsten Reiterregiment der österreichischen Monarchie, aufgenommen. Das Pferd, das er für den Eintritt in dieses Reiterregiment benötigte, erwarb er mit dem Geld, das er aus dem Verkauf des Gemäldes Die Windsbraut erhielt. Die Windsbraut stellt ein eng umschlungenes Liebespaar dar, das die Züge von Kokoschka und Alma trägt. Es befindet sich heute im Kunstmuseum Basel.
Noch während das Verhältnis mit Kokoschka bestand, nahm Alma wieder den Briefkontakt mit Gropius auf. Im Februar 1915 reiste sie in Begleitung von Lilly Lieser nach Berlin, um Gropius aufzusuchen. In ihrem Tagebuch hielt sie fest, dass es ihr erklärtes Ziel sei, sich den „bürgerlichen Musensohn wieder beizubiegen“. Die Wiederbegegnung zwischen den beiden verlief so stürmisch, dass Alma sich nach ihrer Rückkehr nach Wien Sorgen machte, wieder schwanger zu sein. In ihren Briefen an Gropius versicherte sie ihm ihre Liebe und beschwor ihren Wunsch, endlich seine Ehefrau zu werden. Mit Kokoschka endete der Briefverkehr erst im April 1915, als er sich freiwillig zum Frontdienst meldete.
Während Kokoschka und Gropius ihren Militärdienst ableisteten, begann Alma das gesellschaftliche Leben aufzunehmen, das ihren Ruf als künstlerische Muse begründete. Wie von ihrem Elternhaus gewöhnt, empfing sie im Salon ihrer Wiener Wohnung in der Elisabethstraße zahlreiche Kunstschaffende. Gerhart Hauptmann, Julius Bittner, Franz Schreker, Johannes Itten, Richard Specht, Arthur Schnitzler und Siegfried Ochs sowie ihre alten Verehrer Paul Kammerer und Hans Pfitzner verkehrten dort regelmäßig. Gleichzeitig begann sie sich immer mehr als Bewahrerin des musikalischen Erbes ihres verstorbenen Mannes Gustav Mahler darzustellen. Der Schriftsteller Peter Altenberg karikierte die ergriffene Teilnahme der in Trauerkleidung gehüllten Alma an einer Aufführung von Mahlers Kindertotenliedern so treffend als inszeniert, dass Alma auf Rache sann und dafür sowohl Kokoschka als auch Kammerer einspannen wollte. Der Verlag S. Fischer verzichtete in späteren Ausgaben von Altenbergs Sammlung „Fechsung“ darauf, diese Satire weiterhin mit aufzunehmen.
Die Hochzeit von Walter Gropius und Alma fand am 18. August 1915 in Berlin statt. Gropius hatte dafür Sonderurlaub erhalten und musste bereits zwei Tage später wieder an die Front zurückkehren. Kokoschka wurde am 29. August an der Front schwer verwundet. In Wien ging man sogar von seinem Tod aus. Alma reagierte auf die fälschliche Todesnachricht, indem sie aus Kokoschkas Atelier die Briefe holte, die sie ihm geschrieben hatte, und dabei auch Skizzen und Zeichnungen an sich nahm.
Oliver Hilmes bezeichnet in seiner Biografie über Alma Mahler-Werfel die Ehe zwischen Walter Gropius und Alma Mahler als eine von Beginn an zum Scheitern verurteilte Beziehung. Während er bei Gropius vermutet, dass er tatsächlich viel für Alma empfand und mit der Ehe möglicherweise auch versuchte, sein durch den Ersten Weltkrieg aus den Fugen geratenes Leben wieder zu normalisieren, sieht er bei Alma Mahler als Grund für die Eheschließung eine Mischung aus gesellschaftlicher Konvention, innerer Leere und Desorientierung.
Die frisch Verheiratete setzte auch nach der Eheschließung mit Walter Gropius ihr Leben in Wien fort und empfing in ihrem Wiener Salon zahlreiche Musiker, Dirigenten und Künstler, die ihr als Witwe Mahlers die Aufwartung machten. Vom Schriftsteller Albert von Trentini ließ sie sich sogar den Hof machen. Nach wie vor sah sie sich vor allem als Witwe Gustav Mahlers und empfand die Ehe mit Gropius als sozialen Abstieg. Obwohl ihr Nachname nun offiziell Gropius lautete, bezeichnete sie sich gelegentlich als Alma Gropius-Mahler oder Mahler-Gropius. In einem ihrer Briefe an Gropius schrieb sie: „… dass die Thüren der ganzen Welt, die dem Namen Mahler offenstehen, zufliegen vor dem gänzlich unbekannten Namen Gropius.“ Einigen Bekannten wie der Ehefrau von Gerhart Hauptmann teilte sie die Eheschließung erst mit, als man ihre Schwangerschaft nicht mehr übersehen konnte. Und als die Mutter von Gropius sich bei ihrem Sohn offensichtlich beschwerte, dass ihre Schwiegertochter sie nicht besucht habe, als sie anlässlich eines Mahlerkonzerts in Berlin weilte, ließ sie über Gropius ausrichten, dass die Schwiegermutter es rechtzeitig aus den Zeitungen erfahren hätte, hätte sie sich tatsächlich in Berlin aufgehalten.
Gropius kämpfte zu dieser Zeit an der Vogesenfront und war wiederholt in Kämpfe verwickelt. Auch während der Geburt seiner Tochter Manon am 5. Oktober 1916 war er nicht anwesend, schenkte Alma aber Edvard Munchs Gemälde Sommernacht am Strand (auch: Mitternachtssonne) als Dank für die anstrengende Geburt. Alma Mahler-Gropius’ Briefe lassen nicht darauf schließen, dass sie sich im Klaren darüber war, welchen Gefahren ihr Mann an der Front ausgesetzt war. In ihren Briefen wechseln sich heftige Klagen, Berichte über Belanglosigkeiten und detaillierte erotische Fantasien ab. Schockiert war sie, als ihr Mann als Regimentsadjutant an eine Heeresschule für Nachrichtenwesen versetzt wurde und dort unter anderem für die Ausbildung von Hunden verantwortlich war, die als Sanitäts- und Meldehunde an der Front eingesetzt wurden. In einem ihrer Briefe an ihn nannte sie diese Aufgabe subaltern und unwürdig, hässlich für ihn und sie. „Mein Mann muss erstrangig sein“, schrieb sie ihm.
Der Schriftsteller Franz Blei brachte am 14. November 1917 den 27-jährigen Franz Werfel zu einer der Abendgesellschaften in Almas Salon mit. Alma hatte zwar zwei Jahre zuvor dessen Gedicht Der Erkennende vertont, war dem bis dahin vor allem als Lyriker bekannten Werfel jedoch noch nicht persönlich begegnet. Sie fand Werfel zunächst physisch wenig attraktiv und störte sich daran, dass er Jude war: „Werfel ist ein O-beiniger, fetter Jude mit wülstigen Lippen und schwimmenden Schlitzaugen! Aber er gewinnt, je mehr er sich gibt.“ Anders als bei Gropius, der sich für Musik wenig interessierte, teilte Werfel Almas Interesse an Musik. Er besuchte sie in den folgenden Wochen häufiger, um gemeinsam mit ihr zu musizieren, und allmählich begann sie sich für ihn zu interessieren. Als Gropius am 15. Dezember anlässlich seines Weihnachtsurlaubes zurückkehrte, reagierte sie ablehnend und kühl auf ihn. Zwischen beiden kam es sehr schnell zu heftigen Auseinandersetzungen. Gropius’ Urlaub endete am 30. Dezember und sie reagierte erleichtert auf seine Abreise.
Das Liebesverhältnis mit Werfel begann vermutlich schon Ende 1917, denn als Alma Mahler-Gropius Anfang 1918 feststellen musste, dass sie schwanger war, war sie davon überzeugt, dass Werfel der Vater sei. Der Sohn Martin Carl Johannes kam am 2. August als Frühgeburt zur Welt, die durch Geschlechtsverkehr mit Werfel ausgelöst wurde. Gropius, der kurz nach der Geburt Heimaturlaub erhielt, musste feststellen, dass er wohl nicht der Vater des Kindes sei, als er zufällig Ohrenzeuge eines Telefonats zwischen seiner Ehefrau und Werfel wurde. Der Sohn, der offenbar an einem Wasserkopf litt, starb am 15. Mai 1919. Werfel litt unter dem Tod, da er sich für die zu frühe Geburt verantwortlich fühlte.
Die Ehe zwischen Gropius und Alma Mahler wurde am 16. Oktober 1920 geschieden. Strittig war lange Zeit zwischen den beiden Ehepartnern das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter Manon. Nüchtern konstatiert Gropius in einem Brief an seine Noch-Ehefrau, den er ihr am 18. Juli 1919 schrieb:
„Unsere Ehe war niemals eine Ehe. Die Frau fehlte in ihr. Eine kurze Zeit warst Du mir herrliche Geliebte und dann gingst Du fort, ohne die Krankheit meiner Kriegsverdorrung mit Liebe und Milde und Vertrauen überdauern zu können – das wäre eine Ehe gewesen.“
Obwohl das Verhältnis zwischen Werfel und Alma Mahler zu dem Zeitpunkt bereits öffentlich bekannt war, nahm Gropius die Schuld für das Scheitern der Ehe auf sich. In einer theaterreifen Farce ließ er sich in flagranti mit einer Prostituierten in einem Hotelzimmer ertappen, um so eine schnelle Scheidung zu erwirken.
Von 1919 an lebte Alma mit Werfel zusammen. Öffentlich wurde die Beziehung zu dem Schriftsteller, als Max Reinhardt, damals Intendant des Deutschen Theaters in Berlin, Werfel einlud, Mitte April 1920 aus seiner neuen Verstrilogie Spiegelmensch vorzulesen. Für Werfel war dies eine große Auszeichnung. Alma Mahler begleitete den Schriftsteller nach Berlin und war ständig an seiner Seite zu sehen.
Werfel war elf Jahre jünger als seine Lebensgefährtin und zu Beginn ihrer Beziehung ein bekannter expressionistischer Lyriker. Ihm fehlte aber die Energie, als Schriftsteller großer Romane hervorzutreten. Bekannt war er für seine regen Beziehungen zu den Künstlerkreisen Wiens, mit deren Vertretern er nächtelang durch die Bars und Cafés der österreichischen Hauptstadt zog. Durch das Verhältnis mit Alma Mahler änderte sich dies. Werfel selber bezeichnete seine Geliebte und spätere Ehefrau einmal als „Hüterin des Feuers“, die von ihm ein tägliches Zeilenpensum verlangte und ihn unter Druck setzte, seine zahlreichen kreativen Ideen umzusetzen, für deren Realisierung ihm bislang die Energie gefehlt hatte. Als Arbeitsdomizil stellte sie ihm ihr abgelegenes Haus in Breitenstein am Semmering zur Verfügung. War Alma Mahler verreist, fiel Werfel in seine alten Lebensgewohnheiten zurück und zog mit Ernst Polak, Alfred Polgar oder Robert Musil nachts durch Wien.
Anna Mahler, die Tochter aus der ersten Ehe mit Gustav Mahler, hatte bereits siebzehnjährig den Dirigenten Rupert Koller geheiratet, ihn aber wenige Monate später verlassen. 1922 begann sie eine Beziehung zu dem Komponisten Ernst Krenek, der in seinen Erinnerungen Im Atem der Zeit ein kritisches Bild von Alma Mahler zeichnet.
Der einstmals gefeierten Wiener Schönheit begegnete Krenek das erste Mal, als sie Anfang Vierzig war. Er bezeichnete Alma Mahler als ein etwas korpulentes „prächtig aufgetakeltes Schlachtschiff“ und schrieb: „Sie war es gewohnt, lange, fließende Gewänder zu tragen, um ihre Beine nicht zu zeigen, die vielleicht ein weniger bemerkenswertes Detail ihres Körperbaus waren. Ihr Stil war der von Wagners Brünhilde, transportiert in die Atmosphäre der Fledermaus.“
Beeindruckt war Krenek dagegen von ihrer aus seiner Sicht unerschöpflichen und scheinbar unzerstörbaren Vitalität. Essen und Trinken stellten, wie er fand, die Grundelemente ihres Vorgehens dar, um Menschen an sich zu binden. Nur selten sei er mit ihr zusammengetroffen, ohne „raffinierte, komplizierte und sichtlich teure Speisen und vor allem reichlich schwere Getränke“ serviert bekommen zu haben. Irritiert war er dagegen über die sexuell aufgeladene Atmosphäre im Hause Mahler-Werfel: „Sex war das Hauptgesprächsthema, und meistens wurden lärmend die sexuellen Gewohnheiten von Freunden und Feinden analysiert, wobei Werfel eine ernste und intellektuelle Note einzubringen versuchte, indem er sich feierlich über die Weltrevolution verbreitete.“
Anfang der 1920er-Jahre erwarb Alma Mahler zusätzlich zu der Wohnung in der Wiener Elisabethstraße und dem Haus auf dem Semmering einen dritten Wohnsitz. Es war ein kleiner, zweistöckiger Palazzo unweit der Frarikirche in Venedig. Von Gustav Mahlers Vermögen war jedoch kaum etwas übrig geblieben, da sie einen großen Teil davon 1914 in Kriegsanleihen angelegt hatte. Der verbleibende Rest wurde von der Inflation in den 1920er-Jahren aufgezehrt. Da Mahlers Sinfonien außerdem in diesen Jahren nur gelegentlich gespielt wurden, waren auch die Tantiemeneinnahmen gering. Der üppige Lebensstil, den sie zu Beginn der 1920er-Jahre führte, war daraus nicht zu finanzieren.
Um Geld zu beschaffen, beauftragte Alma Mahler unter anderem ihren Schwiegersohn Ernst Krenek damit, das Fragment von Gustav Mahlers 10. Sinfonie in ein abgeschlossenes Werk zu transkribieren. Krenek lehnte dies auf Grund seines Respekts vor dem Werk Mahlers ab, edierte jedoch die fast vollständig vorliegenden Sätze Adagio und Purgatorio, die am 12. Oktober 1924 unter Leitung von Franz Schalk in der Wiener Staatsoper uraufgeführt wurden. Almas Freund Willem Mengelberg brachte diese Sinfoniebruchstücke in Amsterdam und New York zur Aufführung, und Alma Mahler legte Wert darauf, die jeweiligen Tantiemen in US-Dollar zu erhalten.
Parallel zu der Uraufführung in Wien ließ Alma Mahler über den neugegründeten Paul Zsolnay Verlag, mit dessen Besitzerfamilie sie befreundet war, eine von ihr edierte Sammlung von Mahler-Briefen herausgeben sowie ein Faksimile der 10. Sinfonie veröffentlichen. Letzteres ist bis heute immer wieder kritisiert worden. Mahler hatte an der Sinfonie noch auf seinem Totenbett gearbeitet und die Notenblätter tragen zahlreiche sehr persönliche Notizen, die unter anderem auch seine Verzweiflung über den Seitensprung seiner Ehefrau mit Gropius widerspiegeln („Für dich leben, für dich sterben! Almschi!“). Neben Krenek hatte auch Bruno Walter Alma Mahler von der postumen Veröffentlichung unter anderem auch deshalb abgeraten.
Parallel zu der Veröffentlichung der Mahler-Briefe publizierte Alma Mahler auch eigene Kompositionen. Im österreichischen Verlag Weinberger erschienen fünf ihrer bislang nicht veröffentlichten Gesänge und die Universal Edition brachte die bereits 1915 mit Unterstützung von Gustav Mahler veröffentlichten Vier Lieder in einer zweiten, wenn auch kleinen, Auflage heraus.
Zum Großverdiener im Hause Mahler-Werfel wurde jedoch Franz Werfel herangezogen. Sein 1923 veröffentlichtes Trauerspiel Schweiger wurde zwar von den Kritikern abgelehnt und auch Freunde Werfels, wie etwa Franz Kafka, standen dem Stück ablehnend gegenüber. Aber sowohl die Uraufführung in Prag als auch die deutsche Erstaufführung in Stuttgart waren ein großer Publikumserfolg. Im April 1924 erschien der erste Roman Werfels im Zsolnay Verlag und begründete seinen Ruhm als Romanschriftsteller. Verdi – Roman der Oper wurde innerhalb weniger Monate 20.000 Mal verkauft. Alma Mahler hatte Werfel in der Arbeit wesentlich unterstützt und seine Arbeiten kritisch begleitet. Wie Alma Mahlers zeitweiliger Schwiegersohn Ernst Krenek kritisch anmerkte, war ihr wohl klar, dass mit einem Roman mehr Geld zu verdienen sei als mit den Gedichten, Dramen und Novellen, die Werfel bislang veröffentlicht hatte:
„Mit wahrhaft bewundernswertem Weitblick muss sie Franz Werfels Potential für das erkannt haben, was sie aus ihm machen wollte, und mit ebenso erstaunlicher Energie beschloß sie, sich auf ihre Geisteskräfte zu verlassen, um den gewünschten Wandel herbeizuführen … Ich erinnere mich nicht, ob es während meines ersten oder zweiten Sommers in Breitenstein war, daß er seinen Verdi-Roman fertigstellte. … Alma machte ihre wohlüberlegten Bemerkungen, die darauf hinausliefen, dass das Buch so gut sein müsse, wie nur irgendeiner von ‚diesen Klassikern‘, sich aber zugleich zum Verkauf an den Zeitungsständern der Bahnhöfe eignen solle. Und Werfel erwies sich als fabelhaft anpassungsfähig. Dahin waren die himmelsstürmerischen Bemühungen des Expressionisten …“
Diese Geldbeschaffungsmaßnahmen erwiesen sich sehr schnell als erfolgreich. Bereits 1925 konnte sie Alban Berg bei der Drucklegung seiner Oper Wozzeck finanziell unterstützen. Alban Berg widmete ihr aus Dankbarkeit diese Oper.
1926 wurde Werfel von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften mit dem Grillparzer-Preis ausgezeichnet und Max Reinhardt führte in Berlin mit großem Erfolg sein Stück Juarez und Maximilian am Deutschen Theater in Berlin auf. 1929, als Alma Mahler dem Drängen von Werfel endlich nachgab und mit ihm am 6. Juli die Ehe schloss, war Werfel ein arrivierter Schriftsteller, der zu den meistgelesenen der deutschen Sprache zählte.
Alma Mahler und Franz Werfel heirateten 1929, obwohl bereits in den zwanziger Jahren immer wieder massive Krisen in ihrer Beziehung aufgetreten waren. Bereits am 22. Januar 1924 hatte Alma Mahler in ihrem Tagebuch festgehalten:
„Ich liebe ihn nicht mehr. Mein Leben hängt innerlich nicht mehr mit dem seinen zusammen. Er ist wieder zusammengeschrumpft zu dem kleinen, hässlichen, verfetteten Juden des ersten Eindrucks.“
Solche Tagebucheintragungen sind für die emotionale Unausgeglichenheit Alma Mahlers nicht untypisch und mögen wenige Tage später nicht mehr die Bedeutung gehabt haben, die in ihnen anklingt. Oliver Hilmes vermutet in der Eheschließung auch eine Reaktion Alma Mahlers auf ihr zunehmendes Alter und ihren körperlichen Verfall, den sie gleichfalls in ihren Tagebüchern mehrfach anspricht. Sie hatte seit ihrer Jugend nicht mehr allein gelebt und mag Sorge gehabt haben, keinen adäquaten Lebenspartner mehr zu finden. Typisch für die Ehejahre bis zur Emigration im Jahre 1938 ist jedoch ein allmähliches Auseinanderdriften der beiden Lebenspartner. Beide verbrachten lange Zeiten getrennt. Alma Mahler entzog sich vor allem Treffen mit Werfels Familie, indem sie allein nach Venedig reiste, und Franz Werfel verbrachte viel Zeit im Haus auf dem Semmering oder in Santa Margherita Ligure in der Provinz Genua, um dort, in einem Hotel lebend, an seinen Romanen weiterzuarbeiten. Dazu mag allerdings auch beigetragen haben, dass Franz Werfel sich in der pompösen Villa, die Alma Mahler 1931 in Wiens Nobelviertel Hohe Warte erworben hatte, nicht wohl fühlte. Zu der wachsenden Kluft zwischen den beiden Partnern trugen auch die unterschiedlichen politischen Meinungen bei.
Im Klima zunehmender politischer Radikalisierung verstärkte sich der bei Alma Mahler schon immer vorhandene Antisemitismus weiter. Sie hatte es zur Bedingung gemacht, dass Werfel vor der Hochzeit aus der jüdischen Religionsgemeinschaft austreten müsse. Werfel war diesem Wunsch gefolgt, trat jedoch wenige Monate später, nämlich am 5. November 1929, ohne Wissen Almas wieder zum Judentum über. Auch der spätere Literaturnobelpreisträger Elias Canetti, der als Verehrer der Mahler-Tochter Anna in der Villa auf der Hohen Warte verkehrte, erzählt in seiner Autobiografie Das Augenspiel, wie Alma Mahler selbst Gustav Mahler verächtlich als „kleinen Juden“ bezeichnete. Den deutschen Nationalsozialisten stand Alma Mahler positiv gegenüber. Die politischen Auseinandersetzungen nahm sie nicht als Kampf zwischen politischen Ideologien wahr, sondern als Auseinandersetzungen zwischen Juden und Christen. Auch im Österreichischen Bürgerkrieg nach der Parlamentsausschaltung durch Engelbert Dollfuß im Jahre 1934 stand sie eindeutig auf der Seite der Austrofaschisten. Der Spanische Bürgerkrieg war ein weiterer Streitpunkt zwischen den Ehepartnern. Alma Mahler-Werfel vertrat die Seite der Franquisten, während Franz Werfel sich auf die republikanische Seite stellte.
In der Wiener Villa verkehrten seit Anfang der 1930er-Jahre zunehmend Gäste, die Alma Mahler-Werfels politischer Richtung entsprachen. Neben Kurt von Schuschnigg verkehrten dort der frühere Bundeskanzler Rudolf Ramek und der Leiter des österreichischen Kriegsarchivs Edmund Glaise von Horstenau. Der engen Freundschaft, die sich Anfang der 1930er-Jahre zwischen dem österreichischen Politiker Anton Rintelen und Alma Mahler-Werfel entwickelte, stand Franz Werfel, der sich noch 1918 für die Idee des Kommunismus eingesetzt hatte, verständnislos gegenüber. Daneben verkehrten in ihrem Haus bekannte Kirchenvertreter, wie der Domorganist Karl Josef Walter und der Kirchenmusikreferent Franz Andreas Weißenbäck. In den 37-jährigen Theologieprofessor und Ordenspriester Johannes Hollnsteiner, Beichtvater Schuschniggs, der in Hitler eine Art neuen Luther sah, verliebte sich die Fünfzigjährige und zwischen den beiden kam es zu einer Affäre. Um die Entdeckung der Liaison zu vermeiden, mietete Alma Mahler-Werfel sogar eine kleine Wohnung, um sich dort möglichst unentdeckt mit ihm treffen zu können. Franz Werfel kam zu dem Zeitpunkt dahinter, als man seine Bücher in Deutschland in der von Joseph Goebbels angeordneten Aktion wider den undeutschen Geist verbrannte.
1935 starb im Alter von nur 18 Jahren Manon Gropius, Alma Mahler-Werfels Tochter mit Walter Gropius, an Kinderlähmung. Alma Mahler-Werfel hatte die auch von anderen Zeitgenossen verbürgte Anmut und Schönheit des jungen Mädchens auf die Tatsache zurückgeführt, dass sie dieses Kind als einziges mit einem „Arier“ gezeugt habe. Claire Goll gegenüber bezeichnete sie ihre anderen Kinder später einmal verächtlich als „Mischlinge“. Die Beerdigung der jungen Manon Gropius war in Wien ein gesellschaftliches Großereignis. Johannes Hollnsteiner, der Geliebte der Mutter, hielt die Leichenrede, in der er vom Heimgang eines Engels sprach. Alban Berg widmete ihr sein Konzert für Violine und Orchester, das er Dem Andenken eines Engels nannte. Ludwig Karpath schrieb in seinem Nekrolog in der Wiener Sonn- und Montags-Zeitung von einem wunderbaren Geschöpf an Reinheit und Keuschheit der Empfindung.
Werfels politische Haltung in diesen Jahren ist teilweise schwierig zu deuten. Politische Naivität, persönliche Verpflichtungen und der Einfluss seiner Frau mögen eine Rolle dabei gespielt haben, wenn der von den Nationalsozialisten in Deutschland längst verbotene Schriftsteller gemeinsam mit dem Ehepaar Schuschnigg und seiner Frau 1935 in einer von Benito Mussolini zur Verfügung gestellten Limousine Ausflüge unternahm. Als Kurt von Schuschniggs Ehefrau bei einem Autounfall 1935 ums Leben kam, schrieb Werfel ihren Nachruf, in dem er Schuschnigg als außerordentlichen Menschen bezeichnete.
„Menschen hungern in Kerkern, die Werfels aber fressen aus der Krippe und lecken die Hand. Die Verkörperung der menschlichen Dreckseele“
kommentierte dies die in Brünn erscheinende Arbeiter-Zeitung.
Anders als im nationalsozialistischen Deutschland waren Juden zu diesem Zeitpunkt nicht vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Der österreichische Ständestaat unter Schuschniggs Regierung war zwar ab 1937 antisemitisch unterlegt, zeigte sich aber gerade in Abgrenzung zu Nazideutschland als tolerant und weltoffen. Gustav Mahlers 25. Todestag beging man zwischen dem 26. April und dem 24. Mai 1936 feierlich, indem die Wiener Philharmoniker und die Wiener Symphoniker eine Reihe seiner Werke aufführten und Bruno Walter – wie Mahler gleichfalls Jude – dirigierte. Alma Mahler-Werfel lud zu den Veranstaltungen, die laut Programmzettel unter dem Ehrenschutze des Herrn Bundeskanzlers Dr. Kurt v. Schuschnigg stattfanden, auch das diplomatische Corps der Niederlande, Schwedens, Belgiens, Polens, Ungarns und Frankreichs ein. 1937 wurde Franz Werfel mit dem „Österreichischen Verdienstkreuz für Kunst und Wissenschaft“ ausgezeichnet.
Die Villa auf der Hohen Warte, in der Manon Gropius gestorben war, wurde von Alma Mahler-Werfel zunehmend als Unglückshaus empfunden. Franz Werfel wohnte nur noch selten dort und zog es vor – vielleicht auch wegen des hohen Alkoholkonsums seiner Frau –, in Hotelzimmern außerhalb von Wien zu arbeiten. Alma Mahler wollte daher die Villa vermieten. Am 12. Juni 1937 gab sie ein letztes Abschiedsfest in der Villa mit den 20 Räumen, bei der erneut ein großer Teil der Wiener Gesellschaft und vor allem viele Kulturschaffende anwesend waren. Unter den Gästen befanden sich neben Bruno Walter und Almas erstem Geliebten Alexander von Zemlinsky Künstler wie Ida Roland, Carl Zuckmayer, Egon Wellesz, Ödön von Horváth, Siegfried Trebitsch, Arnold Rosé, Karl Schönherr und Franz Theodor Csokor.
Obwohl sich die Beziehung zwischen Franz Werfel und Alma Mahler-Werfel noch nicht wieder gefestigt hatte, brachen sie am 29. Dezember 1937 zu einer Reise auf, die sie zunächst nach Mailand und dann über Neapel auf die Insel Capri führte. Dort erfuhren sie, dass der Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg am 12. Februar 1938 mit Nazideutschland das sogenannte Berchtesgadener Abkommen unterzeichnet hatte, das – für das Ehepaar wahrscheinlich zu dem Zeitpunkt noch nicht völlig absehbar – das Ende von Österreich als selbstständigem Staat einleitete. Ende Februar reiste Alma Mahler-Werfel allein und inkognito nach Wien zurück, wo sie alle Bankkonten auflöste und das Geld durch die langjährige Vertraute Ida Gebauer in einem Geldgürtel in die Schweiz schmuggeln ließ. Am 12. März 1938, dem Tag, an dem der so genannte Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich vollzogen wurde, verabschiedete sie sich von ihrer Mutter und reiste gemeinsam mit ihrer Tochter, die als „Halbjüdin“ nun bedroht war, über Prag und Budapest nach Mailand, wo Franz Werfel auf sie wartete.
Die Spannungen zwischen den beiden Ehepartnern hielten an. In ihrem Tagebuch schrieb Alma Mahler-Werfel von zwei Menschen, die nach zwanzig Jahren Zusammensein zwei unterschiedliche Sprachen sprechen und deren „Rassenfremdheit“ unüberbrückbar war. Werfels Sorge um seine Familie fand sie übertrieben. Trotzdem ließen sich beide gemeinsam in dem südfranzösischen Fischerdorf Sanary-sur-Mer unweit von Marseille nieder, wo sich bis 1940 auch andere deutsche Emigranten wie Thomas und Heinrich Mann, Lion Feuchtwanger, Bertolt Brecht, Ludwig Marcuse, Franz Hessel und Ernst Bloch zeitweise aufhielten. Zumindest zu diesem Zeitpunkt erwog Alma Mahler-Werfel die Scheidung von Werfel und ließ über das Reichspropagandaamt vorfühlen, ob sie in Österreich willkommen sei. Warum sie sich letztlich doch entschied, ihrem Mann in das Exil in die Vereinigten Staaten zu folgen, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Ihr Biograf Hilmes vermutet darin die Angst der mittlerweile fast 60-Jährigen vor der Einsamkeit, denn ihr letzter Geliebter Johannes Hollnsteiner – von den Nazis als Unterstützer der Schuschnigg-Regierung noch im März 1938 ins Konzentrationslager Dachau eingeliefert – war keine Alternative.
Die Emigration in die Vereinigten Staaten gestaltete sich sehr schwierig. Als sie Sanary-sur-Mer im Juni 1940 verließen, hatte die Wehrmacht bereits Paris besetzt. Das Ehepaar Mahler-Werfel besaß keine Visa für die Ausreise in die Vereinigten Staaten und musste unter anderem im Wallfahrtsort Lourdes fünf Wochen warten, um eine Reisegenehmigung bis nach Marseille zu erhalten. In Marseille trafen sie auf Heinrich Mann, seine Frau Nelly und seinen Neffen Golo Mann, mit denen sie bis zu ihrer Ankunft in den Vereinigten Staaten zusammenblieben. Dass ihnen die Ausreise gelang, verdankten sie dem amerikanischen Journalisten und Quäker Varian Fry. Fry gehörte dem Emergency Rescue Committee an, das vor allem Intellektuelle bei ihrer Flucht aus Frankreich unterstützte. Er brachte die fünfköpfige Gruppe zur französisch-spanischen Grenze. Dort mussten sie zu Fuß einen Gebirgszug überqueren, was vor allem den fast 70-jährigen Heinrich Mann und den übergewichtigen Franz Werfel an ihre physische Leistungsgrenze brachte.
„Ich habe das Gefühl, dass Franz ohne sie [Alma Mahler-Werfel] einfach liegen geblieben und zu Grunde gegangen wäre“
schrieb Carl Zuckmayer an einen Freund, nachdem er die Details der Flucht erfuhr. In Barcelona organisierte Fry Flugtickets nach Lissabon, von wo aus sie mit dem griechischen Ozeandampfer Nea Hellas nach New York übersetzten. Am 13. Oktober 1940 kamen sie dort an.
Das Ehepaar Mahler-Werfel ließ sich in Los Angeles nieder, wo zahlreiche deutsche und österreichische Emigranten lebten. Neben Thomas Mann, Max Reinhardt, Alfred Döblin, Arnold Schönberg und Erich Wolfgang Korngold lebte hier unter anderem Friedrich Torberg, der über die kommenden Jahre ein besonders enges Verhältnis sowohl zu Franz Werfel als auch zu Alma Mahler-Werfel entwickelte.
Ihre finanziellen Mittel waren ausreichend, um sich zunächst in einem Villenviertel oberhalb der Stadt niederzulassen und einen Hausangestellten zu engagieren, der gleichzeitig als Kammerdiener für Werfel sowie als Chauffeur und Gärtner fungierte. Ähnlich wie in Europa verkehrten auch in Los Angeles viele Persönlichkeiten des Kulturlebens in ihrem Haus. Insbesondere Thomas Mann und seine Frau Katia waren regelmäßig Gäste. Werfel arbeitete in dieser Zeit intensiv an seinem Roman über Bernadette Soubirous. Dabei unterstützte ihn als Sekretär Albrecht Joseph, der ein für das Zusammenleben von Werfel und Alma Mahler-Werfel bezeichnendes Erlebnis berichtete:
„Man stritt sich über die Nachrichten, die wie immer ziemlich schlecht waren. Alma vertrat den Standpunkt, dass es gar nicht anders sein könnte, da die Alliierten – Amerika war noch nicht in den Krieg eingetreten – degenerierte Schwächlinge wären, und die Deutschen, inklusive Hitler, Supermänner. Werfel ließ diesen Unsinn nicht gelten, aber Alma gab nicht nach. Der sinnlose Streit dauerte ungefähr zehn Minuten, dann klopfte Werfel mir auf die Schulter und sagte: ‚Lass uns nach unten gehen und arbeiten.‘ Mitten auf der engen Wendeltreppe blieb er stehen, drehte sich zu mir und sagte: ‚Was soll man mit so einer Frau nur machen?‘ Er schüttelte den Kopf: ‚Man darf nicht vergessen, dass sie eine alte Frau ist.‘“
Werfels auf ein Gelübde zurückgehender Roman Das Lied von Bernadette über Bernadette Soubirous wurde zu einem US-Bestseller, von dem innerhalb weniger Monate 400.000 Exemplare verkauft wurden. Twentieth Century Fox erwarb die Filmrechte. Rezensionen erschienen in zahlreichen US-Tageszeitungen, und Radio-Interviews mit Werfel wurden landesweit ausgestrahlt.
Die mit dem schriftstellerischen Erfolg einhergehende Verbesserung ihrer finanziellen Lage ermöglichte dem Ehepaar, in Beverly Hills eine komfortablere Villa zu erwerben. Zum Schreiben zog sich Werfel allerdings nach Santa Barbara zurück. Oliver Hilmes vermutet, dass nur diese räumliche Trennung es dem Ehepaar ermöglichte, trotz großer Differenzen immer wieder zusammenzufinden und ihre Beziehung über 25 Jahre stabil zu halten.
Unweit der neuen Villa lebten nicht nur Friedrich Torberg, sondern auch Ernst Deutsch, ein Jugendfreund Werfels, das Ehepaar Schönberg sowie das Ehepaar Feuchtwanger. Erich Maria Remarque wurde dort zu Alma Mahler-Werfels neuem Zechkumpan, der ihr nach der ersten durchfeierten Nacht eine Flasche russischen Wodka in einen riesigen Blumenstrauß gehüllt schenkte.
Franz Werfel erlitt in der Nacht des 13. September 1943 einen schweren Herzinfarkt, von dem er sich erst in der ersten Jahreshälfte 1944 langsam erholte. Zum Gefolge des Ehepaars zählte nun auch ein von Alma Mahler-Werfel engagierter Leibarzt. Im Sommer 1945, Werfel hatte gerade seinen utopischen Roman Stern der Ungeborenen vollendet, verschlechterte sich sein Gesundheitszustand jedoch wieder. Am 26. August 1945 erlag er einem weiteren schweren Herzinfarkt. Bei der Trauerfeier am 29. August übernahmen Bruno Walter und die Sängerin Lotte Lehmann die musikalische Gestaltung. Alma Mahler-Werfel selbst nahm nicht an der Beisetzung teil. Die Trauerrede hielt der Pater Georg Moenius, mit dem sich Werfel während seiner Arbeit an Das Lied von Bernadette über theologische Fragen ausgetauscht hatte. Er ging in seiner Rede auf die Taufriten der katholischen Kirche ein, was zu Spekulationen geführt hat, dass Alma Mahler-Werfel an Werfel noch die Nottaufe vollzogen habe, als sie ihren sterbenden Mann fand. Werfel hatte zwar generell Sympathien gegenüber dem katholischen Glauben bekundet, sich aber mehrfach zum Judentum bekannt und unter anderem 1942 in einem Brief an den Erzbischof von New Orleans festgehalten, dass es ihm angesichts der Judenverfolgung widerstrebe, mich in dieser Stunde aus den Reihen der Verfolgten fortzuschleichen.
Als La grande veuve, als die große Witwe Gustav Mahlers und Franz Werfels, bezeichnete Thomas Mann Alma Mahler-Werfel in ihren folgenden Lebensjahren. Boshafter fiel das Urteil von Claire Goll über die Witwe aus, die nach Golls Meinung nach Werfels Tod ihr Auge auf Bruno Walter geworfen hatte. Sie verglich Alma Mahler, deren Figur ihre Vorliebe für Champagner und Bénédictine nicht bekommen war, mit einer auseinanderquellenden Germania und schrieb über sie:
„Um ihre welkenden Reize aufzufrischen, trug sie gigantische Hüte mit Straußenfedern; man wußte nicht, ob sie als Trauerpferd vor einem Leichenwagen oder als neuer d’Artagnan aufzutreten wünschte. Dazu war sie gepudert, geschminkt, parfümiert und volltrunken. Diese aufgequollene Walküre trank wie ein Loch.“
Ihre alte Heimatstadt Wien besuchte Alma Mahler-Werfel nur noch einmal kurz im Jahre 1947. Ihre Mutter war im Herbst 1938 gestorben; ihr Stiefvater Carl Moll, ihre Halbschwester Maria und deren Mann Richard Eberstaller, 1926–1938 Präsident des ÖFB, die beide langjährige NSDAP-Mitglieder gewesen waren, hatten im April 1945 Selbstmord begangen. Bei ihrem Besuch ging es ihr überwiegend um die Regelung von Vermögensfragen. Mit dem österreichischen Staat verwickelte sie sich in gerichtliche Auseinandersetzungen um Edvard Munchs Gemälde Sommernacht am Strand, das ihr Walter Gropius einst anlässlich der Geburt ihrer gemeinsamen Tochter geschenkt hatte und das Carl Moll nach Alma Mahler-Werfels Emigration in die Vereinigten Staaten im April 1940 an die heutige Österreichische Galerie Belvedere verkauft hatte. Alma Mahler-Werfel verlor den Prozess, weil sie nicht glaubwürdig belegen konnte, dass ihr Stiefvater dies ohne ihr Einverständnis getan hatte. Der Verkaufserlös des Bildes war außerdem verwendet worden, um notwendige Reparaturen an ihrem Haus am Semmering vorzunehmen. Eine persönliche Bereicherung Molls hatte nicht stattgefunden. Bis in die 1960er Jahre bemühte sie sich um die Herausgabe des Bildes und weigerte sich, österreichischen Boden noch einmal zu betreten. Zur Sprache kam in der Gerichtsverhandlung auch, dass Alma Mahler-Werfel Ende der 1930er Jahre über ihren Schwager versucht hatte, Bruckners handschriftliche Partitur der ersten drei Sätze seiner 3. Sinfonie an die Nazis zu verkaufen. Das Gemälde wurde erst am 9. Mai 2007 an Almas Enkelin Marina Fistoulari-Mahler zurückgegeben.
Zu ihrem siebzigsten Geburtstag erhielt Alma Mahler-Werfel ein ungewöhnliches Geschenk, das auch dokumentiert, wie sehr sie der Kulturszene verbunden war. Ein befreundetes Ehepaar hatte Monate vor dem Geburtstag Bekannte und Freunde von Alma Mahler-Werfel angeschrieben und sie gebeten, jeweils ein Blatt Papier zu gestalten. Zu den 77 Gratulanten, die auf diese Weise ihre Glückwünsche überbrachten, zählten unter anderem ihr ehemaliger Ehemann Walter Gropius, Oskar Kokoschka, Heinrich und Thomas Mann, Carl Zuckmayer, Franz Theodor Csokor, Lion Feuchtwanger, Fritz von Unruh, Willy Haas, Benjamin Britten, ihr ehemaliger Schwiegersohn Ernst Krenek, Darius Milhaud, Igor Strawinsky, Ernst Toch, die Dirigenten Erich Kleiber, Eugene Ormandy, Fritz Stiedry, Leopold Stokowski sowie der ehemalige österreichische Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg. Arnold Schönberg, der wegen eines vorherigen Zerwürfnisses mit Alma Mahler-Werfel nicht eingeladen worden war, sich an dem Buch zu beteiligen, widmete ihr einen Geburtstagskanon mit dem Text:
„Gravitationszentrum eigenen Sonnensystems, von strahlenden Satelliten umkreist, so stellt dem Bewunderer dein Leben sich dar.“
1951 übersiedelte Alma Mahler-Werfel nach New York, wo sie vier kleine Eigentumswohnungen in einem Haus in der Upper East Side erworben hatte. Sie lebte selbst in der dritten Etage und nutzte eine Wohnung als Wohnraum, die zweite als Schlafraum. Die in der Etage darüber liegenden zwei Wohnungen wurden von August Hess, dem ehemaligen Kammerdiener Werfels, und von ihren Gästen genutzt. Seit längerer Zeit arbeitete sie bereits an einer Autobiographie, die auf ihren Tagebüchern basierte. Als Ghostwriter unterstützte sie zuerst Paul Frischauer, mit dem sie sich aber bereits 1947 zerstritten hatte, als er ihre zahlreichen antisemitischen Ausfälle monierte. In den 1950er-Jahren arbeitete sie mit E. B. Ashton zusammen. Auch er sah wegen ihrer antisemitischen Äußerungen und den zahlreichen Angriffen auf noch lebende Personen die Notwendigkeit, ihre Tagebücher zu zensieren. 1958 erschien in englischer Sprache And the Bridge Is Love.
Die Reaktionen auf diese englische Ausgabe waren verhalten. Insbesondere reagierte Walter Gropius auf die Darstellung ihrer frühen Liebesbeziehung und Ehe verletzt. Die Reaktionen anderer Freunde und Bekannten, wie etwa Paul Zsolnay, machten Alma Mahler-Werfel deutlich, dass eine deutschsprachige Ausgabe, über die bereits nachgedacht worden war, entsprechend verändert werden müsste. Willy Haas wurde die Aufgabe übertragen, die Fassung für den deutschsprachigen Markt vorzubereiten und dabei den ursprünglichen Text weiter zu glätten. Bereits ihre vorherigen Ghostwriter hatten ihr nahegelegt, ihre rassenpolitischen Äußerungen zu streichen. Erst die Reaktionen auf die englische Ausgabe ließen sie umdenken:
„Lasse bitte die ganze Judenfrage in der Versenkung verschwinden“
schrieb sie Willy Haas.
Die deutschsprachige Veröffentlichung Mein Leben fand nicht die von ihr erwartete positive Aufnahme. Das Buch galt als „schlüpfrig“, zweideutig, widersprüchlich und reizte in seiner ichbezogenen Darstellungsweise zur Karikatur. Langjährige Wegbegleiter wie Carl Zuckmayer und Thomas Mann hatten sich bereits nach der Veröffentlichung der englischen Version von ihr zurückgezogen. Zuckmayer schrieb nach ihrem Tod:
„[Sie ist mir], bei allem Spass, den man an der Buntheit, Farbigkeit, Lebensbegabung, sogar an der Hemmungslosigkeit und Gewalttätigkeit dieser Natur haben konnte, durch dieses allzu hemmungslose Memoirenbuch, (dem allerdings etwas Gigantisches, nämlich an Taktlosigkeit und Verfälschungen, innewohnt), recht zuwider geworden …“
Scharf fällt auch das Urteil ihrer Biographin Astrid Seele aus:
„Ihre autobiographisch behauptete Identifikation mit ihrer Musenrolle stellt nur einen letzten verzweifelten Versuch dar, selbst an ihre ganz persönliche Lebenslüge zu glauben und damit ihr Leben vor sich selbst zu rechtfertigen.“
Alma Mahler-Werfel starb am 11. Dezember 1964 im Alter von 85 Jahren in ihrem New Yorker Appartement. Bei der ersten Trauerfeier zwei Tage später hielt Soma Morgenstern die Grabrede. Beigesetzt wurde Mahler-Werfel allerdings erst am 8. Februar 1965 in Wien auf dem Grinzinger Friedhof in dem bereits bestehenden Grab (Gruppe 6, Reihe 6, Nummer 7) ihrer 1935 verstorbenen Tochter Manon Gropius. Das ehrenhalber gewidmete Grab befindet sich unweit von ihrem ersten Ehemann.
Die Nachrufe, die nach ihrem Tod erschienen, bezogen sich unter dem Eindruck ihrer Autobiografie meist auf ihre Ehen und Liebesaffären. Die Mischung aus Anziehung, Bewunderung und Abneigung, die sie bei vielen auslöste, kommt auch in einem Gedicht zum Ausdruck, das der Liedermacher und Satiriker Tom Lehrer spontan nach ihrem Tod schrieb und veröffentlichte.
Friedrich Torbergs Nachruf auf Alma Mahler-Werfel, der 1964 erschien, dagegen erklärt nachvollziehbarer, warum so viele Kulturschaffende von dieser Frau fasziniert waren:
„Wenn sie von jemandes Talent überzeugt war, ließ sie für dessen Inhaber – mit einer oft an Brutalität grenzenden Energie – gar keinen anderen Weg mehr offen als den der Erfüllung. Dazu war er sich und ihr und der Welt gegenüber verpflichtet und sie empfand es als persönlichen Affront, wenn eine von ihr erkannte oder gar geförderte Begabung nicht allgemein anerkannt wurde. Das geschah übrigens nur wenigen, und denen blieb sie rührend treu. Erfolg betörte sie, aber Erfolglosigkeit beirrte sie nicht. Ihre Einsatzfreude, ihre Hingabe, ihre Aufopferungsfähigkeit kannte keine Grenzen und mußte schon deshalb faszinierend und aneifernd wirken, weil sie nichts von kritikloser Vergötterung an sich hatte, weil ihre Urteilskraft sich durch nichts vernebeln ließ.“
„Daran lag es wohl auch, daß so viele schöpferische Männer an ihr hängen blieben. Hier setzte ihre eigene Produktivität sich fort und um […]. Sie hatte eine Art, zu arrangieren und zu dirigieren, die ihr mit geometrischer Zwangsläufigkeit den Mittelpunkt zuwies, und alle waren dessen froh: denn dieser Mittelpunkt stand fest und setzte die andern in Szene, nicht sich […]. Am Morgen pflegte sie um 6 Uhr aufzustehen, trank eine Flasche Champagner leer und spielte eine Stunde lang das ‚Wohltemperierte Klavier‘. Ich berichte das aus Erfahrung. Denn ich war meiner Gewohnheit, die zur Deckung des Lebensunterhalts erforderlichen Schreibarbeiten des Nachts zu erledigen, auch in Los Angeles treu geblieben, und es geschah nicht selten, daß im Morgengrauen das Telephon ging, dem dann ohne weitere Formalitäten ihre Stimme entklang: ‚Bist noch wach? Komm frühstücken!‘ Und da gab es keinen Widerspruch.“
Von ihrem Gesamtwerk wurden nur siebzehn Lieder bekannt: Von den verschiedentlich erwähnten rund „hundert Liedern“ wurden ab 1911 bis zum Jahr 2000 vierzehn in verschiedenen Verlagen gedruckt. Dazu gehören die im Januar 1911 erschienenen 5 Lieder, komponiert zwischen 1899 und 1901, und redigiert 1910 von Gustav Mahler:
Im Juni 1915 veröffentlichte Alma Schindler-Mahler Vier Lieder, die 1901 bzw. 1910/1911 von ihr komponiert und gemeinsam mit Gustav Mahler zum Teil erheblich überarbeitet worden waren:
Im April 1924 veröffentlichte Alma Maria Mahler fünf weitere ihrer Lieder als Fünf Gesänge bei Josef Weinberger:
Nach Knud Martner wurden Nr. 1, Hymne oder Hymnus, und Nr. 4 Lobgesang im Jahr 1924 von Paul von Klenau orchestriert; die Partituren wurden 2019 im Klenau-Nachlass der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen entdeckt.
Im Jahr 2000 wurden noch zwei nachgelassene (bis dahin verschollene) Lieder publiziert, herausgegeben von Susan M. Filler, Hildegard Publishing Company, Bryn Mawr, USA:
2018 schließlich veröffentlichte Barry Millington in London (The Wagner Journal):
Oskar Kokoschkas Leben und Schaffen war auch nach der Beendigung des Liebesverhältnisses mit Alma Mahler noch lange von dieser Beziehung geprägt. Sein Drama Orpheus und Eurydike, das er 1918 vollendete, spiegelt im Mythos dieser antiken Liebesgeschichte das Scheitern seiner Liebe zu Alma Mahler. Es wurde von Almas Schwiegersohn Ernst Krenek vertont.
Zu den bizarreren Anekdoten der Kunstgeschichte gehört, dass Kokoschka zum Jahresende 1918 sich von der Puppenmacherin Hermine Moos einen lebensgroßen Puppen-Fetisch nach Almas Modell fertigen ließ. In zahlreichen Briefen schrieb Kokoschka eine Gebrauchsanweisung für die Puppenmacherin, etwa: „Sehr neugierig bin ich auf die Wattierung, auf meiner Zeichnung habe ich die mir wichtigen Flächen, entstehenden Gruben, Falten etwas schematisch angedeutet, durch die Haut – auf deren Erfindung und stofflichen, dem Charakter der Körperpartien entsprechenden, verschiedenen Ausdruck ich wirklich höchst gespannt bin – wird alles reicher, zärtlicher, menschlicher werden?“ Als die Puppe bei Kokoschka in Dresden eintraf, war die Enttäuschung groß, vergeblich versuchte er in dem Gegenstand aus Stoff und Holzwolle seine geliebte Alma zu erkennen. Er verewigte „Die stille Frau“, wie die misslungene Kopie nun hieß, in zahlreichen Tuschezeichnungen und Gemälden. Er kleidete sie in teure Kostüme und Dessous aus den besten Pariser Modesalons und ließ über seine Kammerzofe das Gerücht verbreiten, er habe einen Fiaker gemietet, „um sie an sonnigen Tagen ins Freie zu fahren, und eine Loge in der Oper, um sie herzuzeigen.“ Kokoschka zerstörte diesen Fetisch schließlich selbst, indem er nach einer durchfeierten Nacht die Puppe mit Wein übergoss und ihr den Kopf abschlug. Das trug ihm den Besuch der Polizei ein, da Nachbarn die im Garten liegenden Puppenbestandteile für eine Leiche hielten.
1996 wurde anlässlich der Wiener Festwochen das ungewöhnliche Theaterstück Alma – A Show biz ans Ende von Joshua Sobol unter der Regie von Paulus Manker im ehemaligen Sanatorium Purkersdorf mit Susi Nicoletti und Johanna Wokalek als Alma uraufgeführt. Das Sanatorium in der Nähe von Wien ist ein Bauwerk des Jugendstil-Architekten Josef Hoffmann, Freund von Almas Stiefvater Carl Moll und Architekt von Alma Mahlers Villa auf der Hohen Warte. Die Atmosphäre des Bauwerks und die Möglichkeit für die Zuschauer, in verschiedenen Räumen an der theatralischen Inszenierung von Alma Mahler-Werfels Leben gleichsam wie einer ihrer zeitgenössischen Gäste interaktiv teilzuhaben, bescherten dem „Polydrama“ in den Jahren 1996 bis 2001 140 ausverkaufte Vorstellungen. Das Stück wurde zum Kult und wurde 1999 von Paulus Manker auch verfilmt. Es folgten mehrsprachige Neuproduktionen der Wiener Aufführung an Almas Lebensorten: 2002 in Venedig (Palazzo Zenobio), 2003 in Lissabon (Convento dos Inglesinhos), 2004 in Los Angeles (Los Angeles Theatre), 2005 im Schloss Petronell bei Wien, 2006 in Berlin (Kronprinzenpalais), 2007 am Semmering (Kurhaus) in unmittelbarer Nähe von Alma Mahlers Sommerhaus in Breitenstein, 2008 bis 2010 in Wien (k.k. Post- und Telegrafenamt), 2009 in Jerusalem (Zentralgefängnis der britischen Mandatsverwaltung), 2011 in Prag (Palais Martinicky), 2012 und 2013 wieder in Wien und 2014/15 und 2017/18 in einer ehemaligen Waffenfabrik in Wiener Neustadt. Zu den Alma-Darstellerinnen zählten u. a. Jutta Hoffmann, Jennifer Minetti, Eleonore Zetzsche, Carola Regnier, Christine Ostermayer und Milena Vukotic. Am 7. Juli 2010 fand eine Festaufführung zu Ehren von Gustav Mahlers 150. Geburtstag statt. 2015 feierte die Produktion ihr 20-jähriges Jubiläum, am 25. August 2018 feierte sie ihre 500. Aufführung.
1974 drehte der englische Regisseur Ken Russell seinen Film Mahler, in dem Alma Mahler ihren todkranken Mann Gustav Mahler auf seiner letzten Reise nach Wien begleitet. Der Film schildert in Rückblenden Erinnerungen und gemeinsames Erleben sowie entsprechende Paraphrasen Ken Russells. 2001 wurde unter der Regie des australischen Regisseurs Bruce Beresford ein weiterer Film über das Leben Alma Mahler-Werfels gedreht (mit Sarah Wynter in der Titelrolle). Der Titel der englisch-deutsch-österreichischen Koproduktion, Die Windsbraut (Bride of the Wind), ist der Titel eines Gemäldes, das Oskar Kokoschka 1913 während seiner Beziehung zu Alma Mahler gemalt hatte (siehe oben). In der dreiteiligen Verfilmung des Bühnenstücks Alma von Paulus Manker (1997/98) wurde Alma Mahler in verschiedenen Lebensaltern gespielt von Susi Nicoletti, Johanna Wokalek, Nicole Ansari und Pamela Knaack. In Mahler auf der Couch (2010) beschrieben Percy Adlon und Felix Adlon intensiv die Ehe Almas mit Gustav Mahler, deren Ehekrise und die in diesem Zusammenhang erfolgte Begegnung Mahlers mit Sigmund Freud (mit Barbara Romaner als Alma Mahler). Die Figur der Alma Mahler trat u. a. auch in Filmen wie Die Manns – Ein Jahrhundertroman von Heinrich Breloer (2001, gespielt von Carola Regnier), Varian’s War (2001, Lynn Redgrave) und Erloschene Zeiten von Krzysztof Zanussi (1987, Elisabeth Trissenaar) auf.
1994 verfasste der österreichische Schriftsteller Alexander Widner das Stück Dichter, Flucht und Alma. Ein Bergstück., das in Reichenau mit Annemarie Düringer als Alma Mahler uraufgeführt wurde. 1999 kam in Zagreb am Teatar &TD das kroatische Stück Alma Mahler von Maja Gregl und Ivica Boban zur Uraufführung. Der Amerikaner Martin Chervin († 1993) schrieb die one-woman-show Myself, Alma Mahler. Der Amerikaner Gary Kern verfasste 1986 das Stück The Mad Kokoschka, die Französin Francoise Lalande schrieb den Monolog Alma Mahler, der 1987 am Théatre du Cheval Fou à Avignon uraufgeführt wurde. Der Israeli Adi Etzion schrieb 2005 das „Konzert-Drama“ Alma Mahler – Memories of a Muse. Die Australierin Wendy Beckett collagierte 2006 in For The Love of Alma Mahler Almas Geschichte mit der Musik von Gustav Mahler. An der Washington University in Saint Louis entstand 2006 das Stück Kokoschka: A Love Story von Henry I. Schvey. Steffi Böttger ließ 2014 im Kammerspiel „Almas Liebestod“, das Leben Almas aus der Sicht ihrer langjährigen Hausangestellten und Vertrauten, Ida Gebauer, Revue passieren. Der umstrittene Alma-Biograf Berndt W. Wessling verfasste einen Einakter über Alma Mahler-Werfel, Die Windsbraut, der bislang nicht aufgeführt wurde.
1998 entstand am Tanztheater des Tiroler Landestheaters das Ballett Alma – Die Suche nach dem Ich. (Choreografie: Maria Luise Jaska). 2005 wurde Almas Beziehung zu Oskar Kokoschka Thema des Balletts Die Windsbraut, das am Theater in Krefeld zur Uraufführung kam (Choreografie: Heidrun Schwarz) und Musik von Gustav Mahler, Jean Sibelius, Richard Wagner, Aram Chatschaturjan und Uri Caine verwendete. Anthony Taylor schrieb das Ballett Alma, meine Seele mit der Musik von Mahlers 10. Sinfonie, das im März 2011 am Theater Koblenz zur Aufführung vorgesehen ist. 2011 kam in Hamburg das Ballett „Purgatorio“ von John Neumeier zur Uraufführung, das mit der Musik von Mahlers 10. Sinfonie die Dreiecksgeschichte Alma/Mahler/Gropius des Jahres 1910 zum Inhalt hat und auch Alma Mahlers eigene Lieder miteinbezog. 2012 gelangte an der Deutschen Oper Berlin Mahlermania des Körper- und Tanztheaters Nico and the Navigators zur Uraufführung, in dem Alma als „männerfressende, vom Leben frustrierte, sauflustige Zimtzicke“ dargestellt wird. An der Wiener Volksoper kam 2014 das Ballett „Ein Reigen“ von Ashley Page und Antony McDonald zur Aufführung, in dem Alma Mahlers Begegnung mit Gustav Mahler, ihre Affäre mit Oskar Kokoschka und Kokoschkas Puppen-Fetisch einzelne Szenen (mit der Musik von Erich Wolfgang Korngold, Alexander Zemlinsky und Gustav Mahler) gewidmet sind. 2016 wurde Mark Alburgers Oper “Alma Maria Schindler Mahler Gropius Werfel” – an opera in 3 husbands and multiple lovers (all famous) op. 232 in Walnut Creek (Kalifornien) aufgeführt.
1999 schufen Anne-Kathrin Klatt und Jutta Schubert das mehrfach ausgezeichnete Figurentheater-Projekt Mona Alma – die stumme Geliebte über Oskar Kokoschkas Vision der perfekten Frau. 2005 kam beim Ravinia Festival in Chicago das Musical Doll (Musik: Scott Frankel, Text: Michael Korie) heraus, das ebenfalls Kokoschkas Beziehung zu Alma Mahler und die Alma-Puppe zum Thema hatte. Das Musical Alma und das Genie (Tom van Hasselt), ein Zwei-Personen-Stück das im Februar 2015 im Theater des Westens uraufgeführt wurde, erhielt den Deutschen Musical Theater Preis in der Kategorie Beste Liedtexte.
Der US-amerikanische Chansonnier Tom Lehrer widmete ihr in den frühen 1960ern sein bewunderndes Spottlied „Alma“, in dem er die Eifersucht aller Frauen auf dieses selten erreichte Vorbild im „Angeln“ berühmter Männer besingt.
Albrecht Joseph, Almas Schwiegersohn, (aus: „Alma Mahler-Werfel, Kokoschka, der Schauspieler George“, unveröffentlichtes Originalmanuskript im Besitz und mit Genehmigung des Weidle-Verlages Bonn)
„Wenn sie aufgebracht war, konnte sie die unnahbare große Dame sein. Aber für gewöhnlich war sie heiter, gutgelaunt, freundlich lächelnd, eine gute Zuhörerin, amüsiert auch durch bescheidene Scherze, dem Alkohol zugetan (sie rauchte nicht), und gerne plaudernd. Das Gespräch mußte leicht sein, plätschern, mühelos dahinfließen. Es war nie sehr tief oder speziell. Sie bevorzugte Allgemeinheiten und ließ sich ungern auf Details ein, wo sie sich nicht recht auskannte und die sie langweilten. Ein unerschöpfliches Thema war Liebe. Liebe als Quelle von Macht. Sie wollte geliebt werden, um Macht über ihre Verehrer zu gewinnen. Das hatte nichts oder fast nichts zu tun mit physischer Liebe. Sie wollte angebetet werden, von allen und jedem. Ihr Geschenk für den Liebenden war Verständnis, falls er dessen würdig war, andernfalls Lächeln und Küsse, die sie verschwenderisch austeilte. Geliebt zu werden hielt sie für ihr natürliches Recht wie das Anrecht auf Luft und Wasser. Wo sie es nicht erhielt, wurde sie ärgerlich, deprimiert, gehässig.“
„Liebe als Macht, die Macht der Halbgöttin, deren Huld den Sterblichen beglückt und ihm genügen muß. Sie strebte nicht nach greifbarer Macht, offizieller Stellung, war nicht einmal geldgierig und hatte wohl viel weniger Affären, als gemeinhin angenommen wird. Sie wollte nur, daß die, denen sie gnädig war, Wachs in ihren Händen wurden. Zuckmayer, der für gewöhnlich nicht Wachs in irgend jemandes Hand war, verkündete mir an einem Nachmittag, daß wir zum Abendessen zu Alma gehen werden. Mir paßte das nicht. Ich hatte mir für den Abend etwas anderes vorgenommen, und er übrigens auch. Er lächelte nur und sagte: ‚Wenn Alma will, geht man.‘ Er mochte sie, da sie ihn für einen genialen Dichter auf dem Weg zur Weltberühmtheit hielt, aber Werfel stand ihm viel näher, und er war keineswegs in sie verliebt und keiner ihrer Sklaven. Unter Freunden machte er sich über sie lustig. Aber als guter Menschenkenner wußte er, daß eine Einladung abzulehnen ein ernsthafter Verstoß gewesen wäre und daß es besser war, ihren Zorn nicht herauszufordern. Auch in solch kleinen Dingen durfte ihre Macht nicht angezweifelt werden.“
„Solange sie Mahlers Frau war, kann sie nicht viel Gelegenheit gehabt haben, ihre Machtgier zu befriedigen. Es kann kein Zweifel sein, daß er sie beherrschte. Er verlangte, daß sie Nietzsches Bücher aus dem Haus schaffte und aufhöre, Musik zu komponieren. ‚Ein Komponist in der Familie genügt‘, sagte er. Sie gehorchte, denn sie liebte ihn und erkannte seine Überlegenheit an, aber sie vergab ihm nie.“
„Später, nach einer Krise ihrer Ehe, die sie in ihrem Buch über ihr Leben mit Mahler beschreibt, bereute er und half sogar, einige ihrer Lieder drucken und veröffentlichen zu lassen. Sie war eine gründlich ausgebildete Musikerin, eine vorzügliche Pianistin, und anscheinend hatte sie wirkliches Talent für Komposition. Sie hatte bei Alexander von Zemlinsky studiert, und er hielt sie für außergewöhnlich begabt. All das und besonders ihre Rolle als Mahlers Gattin machte sie zu einer Autorität in musikalischen Fragen und nach ihrer allgemein bekannten Liebesgeschichte mit Kokoschka war sie eine Autorität für bildende Kunst und während ihrer Ehe mit Werfel dasselbe für Literatur.“
„Diese Männer, und Gropius und einige andere, liebte sie wirklich. Wenn auch Liebe für sie in den meisten Fällen Anbetung bedeutete, passives Geliebtwerden, konnte sie bei seltenen, bedeutenden Anlässen selbst lieben, geben. Sie schrieb und sagte, physische Liebe habe ihr nicht viel bedeutet, wenn es ihr auch nicht an Erfahrung gefehlt haben kann. Sie gebar vier Kinder und hatte elf Abtreibungen. Wenn sie liebte, gab sie sich ganz hin. Was sie an einem Mann liebte, war das Schöpferische, ein heute viel mißbrauchtes Wort, aber wenn sie es benutzte, war es klar, daß sie seinen Sinn ganz verstand und etwas Wirkliches damit meinte. Sie war immer auf der Suche nach einem neuen Genius. Das klingt lächerlich, und manchmal war es das auch, aber es war ihre echte Leidenschaft. Das kleinste Anzeichen von schöpferischer Begabung erregte sie, auch erotisch, geradezu wie ein Fetisch. Gegen Ende der vierziger Jahre, nach Werfels Tod, sagte sie mir in ihrem Haus in Beverly Hills, daß sie ihrem Hausdiener befohlen habe, Nietzsche und Shakespeare zu lesen, und daß sie ihn dazu bringen wolle, ein Stück zu schreiben. Ich lächelte bei dieser Vorstellung. August, der Diener, war bei einer in Amerika reisenden deutschen Schmiere Operettentenor gewesen, ehe die Truppe Bankrott machte, Sie schüttelte den Kopf und sagte: ‚Ich kann einfach nicht in demselben Haus mit jemand leben, der nicht schöpferisch ist.‘“
Autobiografisches
Briefe
Kompositionen
Nach MGG², Bd. 11, 2004. Zusammen mit (den) verschollenen Kompositionen ausführlich beschrieben von Susanne Rode-Breymann in: Die Komponistin Alma Mahler-Werfel, S. 131–146.
Gustav Mahler
Walter Gropius
Oskar Kokoschka
Franz Werfel
Johannes Hollnsteiner
Zeitzeugen
Belletristik
Hörbilder